Anna Iwanowna (1693-1740), die Tochter Zar Iwans IV. und Nichte Peters des Großen, bestieg 1730 den russischen Thron, den sie zehn Jahre bis zu ihrem Tod innehatte.
Das hier angebotene großformatige Bildnis der Zarin zeigt die traditionellen Repräsentationsformeln eines Staatsporträts. Auf einem Konsoltisch am rechten Bildrand liegt ein rotes Samtkissen mit den russischen Insignien, der großen Brillantkrone und dem Zepter. Die Zarin wird unter einem üppig drapierten grünen Vorhang wiedergegeben, der als Hoheitssymbol fungiert. Dahinter wird die Rückwand eines idealisierten Raumes von mächtigen Pilastern gegliedert, während eine Säule auf hoher Basis den Bildraum links abschließt. Der Konsoltisch mit den darauf präsentierten Insignien, der Vorhang sowie die Säule sind seit dem 16. Jahrhundert geläufige Motive eines Fürstenporträts.
Die Zarin zeigt sich in einem silbergrauen, mit Diamanten reich verzierten Kleid, darüber trägt sie einen hermelinbesetzten ockergelben Mantel. Um die Schultern liegt die Kette vom russischen Orden des hl. Andreas, der 1698 von Peter dem Großen gegründet wurde. Das Ordenskreuz zeigt den gekreuzigten Heiligen, die Kette besteht aus mit farbigem Email verzierten Gliedern, die abwechselnd das russische Staatswappen mit dem doppelköpfigen Adler, eine Rosette mit dem Andreaskreuz sowie eine Kartusche mit den verschlungenen Initialen A und P zeigen, die für den Ordensgründer Peter I. und die regierende Zarin Anna stehen.
Das Porträt ist nach dem Vorbild eines Gemäldes geschaffen, das Louis Caravaque (1684-1754) von der russischen Zarin im Jahr ihrer Thronbesteigung geschaffen hat. Dieses nur wenig größere Bild befindet sich heute in der Tret'jakov-Galerie in Moskau. Das hier angebotene Porträt zeigt im wesentlichen die gleiche Komposition sowie die charakteristischen Gesichtszüge der Zarin, weist aber kleinere Abweichungen im Vergleich zum Porträt der Tret'jakov-Galerie hinsichtlich der Räumlichkeit sowie des Kleides der Zarin auf.
Louis Caravaque entstammte einer weit verzweigten französischen Künstlerfamilie. Geboren in Marseille ging er 1716 nach St. Petersburg. Ab den 1730er Jahren war er erster Hofmaler und Direktor der St. Petersburger Gobelinmanufaktur. Neben Porträts der Zarenfamilie malte er auch Ikonen und gestaltete Theater- und Festdekorationen. Für Anna Iwanowna entwarf er darüber hinaus Gewänder und war schließlich 1740 für die Trauerfeierlichkeiten der Zarin verantwortlich.
Das außergewöhnlich repräsentative Porträt der russischen Monarchin dürfte in der Werkstatt oder im Umkreis des russischen Hofmalers entstanden sein.
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